Not really frequently asked Question about Soylent

Im Groben und Ganzem stehenden die folgende Fragen für die Kritiken zum Thema Soylent, die mir so oder so ähnlich gestellt wurden. Einige werden bestimmt noch dazu kommen.

Wieso kein echtes Essen?

Gegenfrage: Wieso denn 'echtes Essen'? Zugegeben ist Soylent eine sehr technologische Angelegenheit, wenn man sich ein Pulver zusammenrührt, dessen Zutaten nur nach Nährwert in einer Tabelle errechnet werden. Andersrum, zeugen Bio-Siegel und der Run auf regionale Produkte von der Sehnsucht keine künstlich hergestellte Nahrung essen zu wollen. Kurioser Weise sind Gemüse, Obst, Eier, Brot uvm. aber auch schon zu Produkten degradiert worden. Ob das Insistieren auf Bio eine Verheißung ist sich gesund zu ernähren, wage ich aber zu bezweifeln. Auch bei dem Bauern um die Ecke weiß ich nicht, ob alles mit rechten Dingen zu geht. Soylent zu sich nehmen zu wollen, zeugt von der gleichen Sehnsucht, wird aber radikaler umgesetzt. Wie bei jedem anderen Do-it-yourself hat man es vollkommen in der Hand, was alles zusammenkommt. Das ganze wird sehr individuell und beinhaltet von allem das richtige Maß.

Ist es günstiger?

Auf jeden Fall! Gekauftes, fertiges Soylent ist für 1,50€ bis 3€ je Mahlzeit zu haben. Mein aktuelles Rezept kommt auf 3€ je Mahlzeit und ich weiß, dass das Rezept noch Optimierungspotential hat.


Spart es Zeit?

Das tut es. Kein Besteck, keine Töpfe, kein Schnibbeln und kein Spülen. Ob einem ein solcher Zeitgewinn wichtig erscheint, sollte jeder für sich selber entscheiden. Das Kochen an sich und die Auswahl von Zutaten, das schöne Beisammensein mit der Familie am Tisch, ist normalerweise ein Highlight für mich. Die zwei Mahlzeiten am Arbeitsplatz möchte ich mir aber nicht vorbereiten.

Ist das gesund?

Gesund, im Sinne einer Medizin, ist Soylent nicht. Ich kann es auch nicht ganz nachprüfen, ob die empfohlenen Nährwertangaben der Institute korrekt sind. Aber für mich ist Soylent eine Erleichterung geworden, mich gesund zu ernähren, weil es mehr Gutes als Schlechtes enthält. Im Gegensatz zu einer Schale Pommes. Über die Jahre hat sich schleichend eine einseitige Ernährung eingestellt. Zu viel Fett, zu viel Zucker, zu wenig Ballaststoffe und Gemüse ist auch bah geworden. Für mich ist Soylent somit sehr gesund.

Ist man dann gar nichts mehr?

Gegenfrage: Warum sollte man nichts mehr essen? Soylent ist keine Religion, noch ein Diätplan. Es ist eine ausgewogene und zeitsparende Möglichkeit der Nahrungsaufnahme. Eine Mahlzeit oder eine Wochenration ausfallen zu lassen und gewohnte Mahlzeiten zu sich zu nehmen, ist völlig unproblematisch.

Ist das eine Diät?

Eigentlich nicht. Da man die Kalorienanzahl aber genau im Blick und in der Hand hat, kann man diese auch runterschrauben und bei sklavischer Einnahme auch Gewicht reduzieren. Bestimmt ist Soylent auch für 'Body Enhancement' geeignet, da man alle Parameter einstellen kann. Für meine aktuelle Experimentierphase finde ich diesen Aspekt aber zweitrangig.

Wird man davon satt?

Erstaunlicher Weise: Ja. Ich bekomme es sogar hin, den 'kleinen Hunger' zwischendurch zu stillen. Da man vielleicht nur unter Zwang eine Flasche/Mahlzeit auf einmal herunterbekommen könnte, habe ich über den Tag verteilt immer die Möglichkeit einen Schluck zu mir zunehmen. Ich bin immer satt und habe auch kein Völlegefühl mehr, welcher mich doch unglaublich träge macht.

Fallen die Zähne aus?

Mir ist von meinem Zahnarzt genannt worden, das sich die Kieferknochen und Zähne zurückbilden, sofern sie nicht kontinuierlich durch Kauen beansprucht werden. Soylent ist (üblicher Weise) ein Shake und das Kauen hält sich in Grenzen. Somit ergibt: eins und eins also Zahnausfall.
Es bliebe abzuwarten, ob einem Soylent-Trinker die Zähne ausfallen. Ich denke so schnell werde ich den Beweis nicht sehen. Für zwischen den Mahlzeiten kaue ich wieder regelmäßig Kaugummis und gelegentlich beiße ich in einen Apfel oder in ein gutes Steak.

Macht es starke Blähungen?

Vielleicht. Wie es zu dieser Überlegung kommt, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Was auf jeden Fall spürbar ist, ist eine bessere Verdauung. Weniger Zucker, weniger Fett und eine ausreichende Menge an Ballaststoffen ist auf jeden Fall angenehmer fürs Stille Örtchen.


Ist es vegan?

Ja das ist es, wenn einem danach ist. Alles kann, nichts muss. Z.B. gibt es Protein aus Rind, aus Milch oder kommt vom Soja. Da die Zutaten leicht zu erkennen sind, kann man sogar auf glutenfreies Soylent hinarbeiten.


Einmal mit Profis

Mein erstes Soylent-Erlebnis habe ich mit einem Soylent-Lieferanten gemacht. Queal brachte mir mehrere Geschmäcker, eine Schüttelflasche und eine einfache Gebrauchsanweisung nach Hause. Da ich immer noch am Ball bin, war dies ein gutes Erlebnis.
Meine darauffolgenden Eigenkreationen waren hingegen kein gutes Erlebnis. Daher wollte ich mir nochmal eine Monatsration bei meiner ersten Freundin abholen. Zufällig war ich Beruflich in der Nähe von Rotterdam und habe es mir nicht nehmen lassen, einmal zum Firmensitz zu fahren. Händeschütteln, ein wenig Fachsimpeln und Kauf. Als ich vor deren Tür stand machte sich dann doch Ernüchterung breit. Die erste Freundin kann doch ziemlich langweilig und billig sein.
Im Fenster hingen mehrere lieblose DinA4-Blätter der jeweiligen Start-Ups, die sich in dem Altbau tummeln (um die Ecke ist ein College). Darunter ein Fetzen Papier: "... visit Queal.eu". Das weckte soviel Vertrauen, dass ich nicht einmal mehr den Versuch wagte einen Verantwortlichen aufzusuchen.
Vielleicht tue ich ihnen auch Unrecht mit dieser Kritik, aber das nächste Soylent kommt definitiv aus meiner Küche.

Kochen

Entgegen der weitläufigen Meinung, Soylent hat nichts mit Genuss und Kochen zu tun, kann ich sagen: die ersten Versuche, es selber herzustellen, kann man in der Tat als Kochen begreifen. Den richtigen Geschmack dann auch getroffen zu haben, kommt dem Genuss, also dem höchsten der Gefühle ebenfalls sehr nah.
Nach dem ersten Reinfall, habe ich angefangen meine Leichtfertigkeit abzulegen. Alle Zutaten aus den örtl. Supermärkten und Drogerien zu beziehen, ist utopisch und auch nicht ratsam. Gelegentlich sind den Produkten Geschmäcker beigemischt, die auf der Verpackung nicht, im Shake aber sofort auffallen und das Ganze ungenießbar machen. Hinzu kommt, dass die kurzen Wege zwar praktisch sind, aber im Vergleich zum Netzversender nicht günstiger sind. Die zweite Beschaffung von Kohlenhydraten und Proteinen, habe ich sogar im 30km entfernten Muskelshop getätigt, was sehr ungünstig ist.
Es gibt auch Zutaten (Cholin, Kaliumchlorid), die ich nirgends finden konnte und auch nicht herausgefunden habe, wie man diese Stoffe (sinnvoll) substituieren könnte.
Die zweite Kochrunde wurde dann mit einem Achtel der errechneten Tagesration durchgeführt. Die Aprikosen als Kaliumquelle wurden gestrichen. Neben den beigemischten Geschmäckern der Produkte, fallen einzelne Mineralstoffe der Zunge sofort auf, wenn sie in einem Shake landen. Warum kann ich auf einmal Ernährungsbegriffe auseinander halten? - "Mineralstoffe". Ich habe mir daher Sojabohnen ausgesucht. In Ermangelung frischer und ganzer Bohnen, habe ich die getrockneten Schnipsel genommen. Der Geschmack war super. Die sog. Musik (das Mundgefühl), ganz kleine Stücke zu zerbeißen, war ebenfalls klasse. Der Haken war, das diese Schnipsel nach kurzer Zeit aufquellen und alles Tolle wieder für den Ausguss ist. Diesmal aber in einer verschmerzbarer Portionsgröße.
In meinem Garten ist ein wunderprächtiger Walnussbaum. Und es sind noch kiloweise Nüsse von der letzten Ernte übrig. Da lässt sich doch bestimmt was draus machen?!

Ich frage mich, ob auch große Köche soviel Zeit beim Erstellen und Abschmecken eines Gerichtes verbringen?